Die Fieberkurve des B2B-Marketings: Was sich nach Corona ändert

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Die Corona-Pandemie mag eingegrenzt worden sein, die Zeit der Kontaktbeschränkungen, der freiwilligen Isolation, des unfreiwilligen Cocoonings vorbei sein. Doch wie hat Corona auf das B2B-Marketing gewirkt und wird sich diese Wirkung halten, wenn das Virus sich endgültig verflüchtigt haben wird? Wir haben in einer Umfrage die Fieberkurve des B2B-Marketings nachzuzeichnen versucht.

Prognosen, das wird sich der weltberühmte Marketing-Denker Mark Ritson wohl gedacht haben, sind leicht, wenn die Gegenwart die bereits erlebte Spiegelung der Zukunft ist. Und deshalb formulierte Ritson Anfang April – Sie erinnern sich: wir alle waren da zuhause – einige Thesen über die Auswirkungen der Coronakrise auf das Marketing. Zentral dabei: Ritson verwendete den aus dem Griechischen bekannten Begriff des „Pneuma“, um eine recht populäre Zukunftsdeutung für die Zeit nach Corona zu beschreiben.

Pneuma, das stand für den alles durchdringenden Atem Gottes, für Wirbel; mithin also für eine gravierende Veränderung, in dem Fall ausgelöst durch eine gravierende Krise. Die heutige Pneuma-Erwartung, in Medien häufig zirkuliert, von guten Menschen herbeigeschrieben, wäre also: Corona wird sich fortsetzen in unserem Bewusstsein als Konsumenten. Wir werden dem blinden Konsum entsagen, aus Rücksicht auf die Umwelt lieber bei Zoom-Meetings hocken als mal kurz für einen Tag für eine Besprechung wohin zu fliegen, wir werden also insgesamt zu besseren Menschen.

Doch Ritson glaubt nicht so recht daran. Sein Argument: zwei, drei entbehrungsreiche Monate werden nicht ausreichen, um unseren zivilisatorisch festgelegten Code zu ändern. Eher im Gegenteil: die Menschen, so Ritsons Annahme, werden genug haben von der allerorten auch von Unternehmen kommunizierten Achtsamkeit und Konsum-Enthaltsamkeit. Und Menschen wollen dann in einigen Wochen oder Monaten auch nicht mehr hören, wie gut ein Unternehmen sich während der Pandemie um den Schutz der eigenen MitarbeiterInnen und KundInnen bemüht habe, wie sehr es für alle da war.

Ritson meint: das künftige, langfristige Verhalten des Konsumenten vorherzusagen, sei bei einem vergleichsweise kurzfristigen Extremereignis wie Corona nicht möglich, der Einfluss dieses Extremereignisses auf lange Sicht nicht groß genug. Als Beispiel nennt er die BSE: damals meinten 60 Prozent der britischen KonsumentInnen, nie wieder Rindfleisch essen zu wollen. Kurz nachdem BSE aus den Schlagzeilen verschwunden war, stieg der Fleischkonsum wieder auf neue Höhen.

 

 

Das Pneuma im B2B-Marketing

Klar: wir reden hier über B2C. Aber welche Auswirkungen hat Corona auf das B2B-Marketing? Oder anders: erwarten B2B-Marketingverantwortliche auch ein Pneuma? Spoiler: wohl weniger als Atem Gottes, sondern höchstens als notbedingte Investitionszurückhaltung bei ihrer Kundschaft.

In einer Umfrage, die wir nun unter B2B-Marketingverantwortlichen durchgeführt haben, in der wir versuchten, die Fieberkurve des B2B-Marketings nachzuzeichnen, wurde sehr offenbar: das B2B-Marketing reagiert schablonenhaft auf schwierige ökonomische Entwicklungen.

Fast 60 Prozent der Befragten gaben etwa an, ihr Marketingbudget bereits gekürzt zu haben. Marketingbudgets zu kürzen nämlich ist in den meisten Unternehmen die einfachste aller Übungen, jene Maßnahme, von der man annimmt, dass sie das Funktionieren eines Unternehmens am wenigsten beeinflussen würde. Das ist so naheliegend wie auch falsch. Denn gerade im B2B-Marketing bauen sich Kundenbeziehungen viel langsamer auf als in einem B2C-Umfeld, in dem etwa starke Marken seit Jahrzehnten das Band zwischen Kunde und Unternehmen vielleicht schon eng gezurrt haben und viel weniger rationale Grundlagen für eine Investitionsentscheidung vorhanden sind. Und es braucht im B2B-Marketing, das ist unsere Überzeugung, den ganzen Werkzeugkasten an Marketingmethoden, um genügend Touchpoints für den Kunden zu schaffen.

Wer jetzt leichtfertig Marketingbudgets zu kürzen imstande ist, läuft Gefahr, dass die Konstruktion insgesamt instabil wird. Und sollte sich andererseits auch ganz ehrlich fragen:  war das, was jetzt so leicht dem Rotstift zum Opfer fallen kann, vielleicht schon vor Corona verzichtbar? Auch das ist Pneuma, um wieder mal bei Mark Ritson zu landen: der Windhauch, der aufdeckt, was alles unnötig war – auch wenn die Coronakrise dafür vielleicht nur der Anlass ist.

 

Marketing-Schablonen

Was Marketingverantwortliche in ihrem Kommunikationsbaukasten umzubauen willens sind, haben wir in unserer Umfrage ebenfalls erhoben: eine Mehrheit will mehr in digitales Marketing investieren, viele auch in Online-Events. Das ist nachvollziehbar. Doch bei beiden Vorhaben scheint uns eines wichtig: mehr in digitale Kommunikationsformen zu investieren, sollte seinen Grund nicht im Mangel an wirkungsvollen Alternativen haben und nicht reflexhaft geschehen.

Wer jetzt sein Marketingbudget in Pixel steckt, der muss das – Corona hat daran nichts geändert – erstens in Zusammenspiel mit „analogen“ Instrumenten tun und diese digitale Dominanz auch langfristig durchhalten. Es ist eine grundlegende Entscheidung und eine, die wohl durchdacht sein muss. Und in der Hierarchie der Entscheidungsfaktoren sollte die Aussicht auf Kostenersparnis nicht höher angesiedelt sein als die Idee von der Wirkung. Denn auch wenn das Digitale mittlerweile dominiert im Marketing, ist ebenso klar, dass die Customer Journey im Investitionsgüter-Geschäft in den letzten Jahren eher länger als kürzer wurde. Insofern wird das Digitale die Entscheidungen beim Kunden nicht zu beschleunigen imstande sein, allerdings helfen, Entscheidungen zu verfestigen.

Ebenfalls nachvollziehbar ist der Wunsch, mehr in Online-Events investieren zu wollen. Die Frage des Gelingens solcher Bestrebungen wird aber bestimmt von der Uniqueness digitaler Events. Ein Online-Event ist nicht bloß ein physisches Event ohne Abstandsregeln. Es muss eigenständigen Charakter haben. Weil außerdem der Socializing-Faktor bei solchen Veranstaltungen zwangsläufig wegfällt, kommt eines hinzu: Content wird entscheidender und damit auch die Verknüpfung mit Content Marketing.

 

Längere Kundenreisen

Content Marketing. Natürlich. Eine Konstante. Auch dessen Relevanz haben wir natürlich abgefragt. Content Marketing steht unter allen Kommunikationsdisziplinen, die künftig präferiert werden, auf Platz eins – natürlich finden wir: zurecht. Und wir prognostizieren: je mehr Investitionszurückhaltung die aus der Coronakrise entstandene Wirtschaftskrise zeitigt, desto dominierender wird das Content Marketing.

Denn die Abwägung des Kunden bei seiner Journey wird am besten und nachhaltigsten begleitet durch die Erzählung von Geschichten. Die Customer Journey wird immer mehr zur Content Journey und wir wissen: die Entscheidungssicherheit des Kunden wird fundamental beeinflusst von den Informationen, die er schon vor der ersten Kontaktaufnahme mit dem Vertrieb erhalten hat. Wer das in den kommenden Monaten nicht berücksichtigt und Content Marketing nicht auf diese langen Kundenreisen auslegt, der wird auch mit einem noch so aktiven Vertrieb keinen Erfolg haben. Auch deshalb ist es wichtig, den Shift hin zum digitalen Marketing als grundlegende, langfristige Entscheidung zu begreifen.

In unserer Umfrage hat übrigens eine Mehrheit der Unternehmen angegeben, auch kommuniziert zu haben, wie man in der Coronakrise agiert hat. Das war die richtige Idee. Doch wer sich bisher nicht in diesem thematischen Ökosystem bewegt hat, muss – siehe Ritson – nun auch nicht mehr damit anfangen.

Noch einmal zurück zu Mark Ritson: er prognostiziert eine 40prozentige Reduktion von Marketingbudgets. Und er sagt: wer in der Rezession sein Budget nicht reduziert, hat eine gute Chance, Marktanteile vom Mitbewerb zu erobern.

Verfasst von

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B2IMPACT Redaktion
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