„Der Newsroom ist ein Mittel, um gutes Content Marketing umzusetzen“

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Über 50 Newsroom-Projekte hat Christoph Moss, Gründer und Geschäftsführer der Dortmunder Newsroom-Agentur Mediamoss, bereits für Unternehmen umgesetzt. Wozu ein eigener Newsroom gut ist, woran Kommunikation im Unternehmen zuweilen scheitert und wie die Rollen in Kommunikationsabteilungen neu verteilt werden müssen, erklärt Moss im B2IMPACT-Interview.

B2IMPACT: Unternehmen sind in der Vergangenheit ganz gut ohne Newsroom ausgekommen. Warum sollen sie nun plötzlich einen brauchen?

Christoph Moss: Weil sich die Kommunikationsgewohnheiten der Menschen spürbar ändern. Virtuelle Gemeinschaften sprießen wie Pilze aus dem Boden. Facebook, TikTok, Instagram, LinkedIn und Twitter sind ja nur die bekanntesten Communities. Die Kommunikation ist mobil geworden, das Smartphone bestimmt über den Erfolg einer Marketing-Kampagne. Früher waren Journalisten eine eminent wichtige Zielgruppe, heute sind es Influencer. Unternehmen müssen sehr schnell sein, um damit umgehen zu können.

B2IMPACT: Welche Zielidee sollten Unternehmen zuerst definieren, damit es sinnvoller Weise mit der Etablierung eines Newsrooms beginnen kann?

Moss: Jedes Unternehmen hat da eine eigene Vorstellung. In unserer Beratungspraxis haben wir eine Reihe wiederkehrender Ziele kennengelernt, die Unternehmen motivieren, einen Newsroom einzuführen. Ich persönlich finde es wichtig, dass ein Newsroom hilft, in den Markt hineinzuhören und den Dialog mit den Zielgruppen zu fördern. Häufig hören wir, dass der Newsroom den Fachabteilungen das Leben leichter machen soll. Das wäre mir zu kurz gedacht.

Im März vergangenen Jahres haben wir eine Studie zu den Erwartungen und Problemen im Content Marketing von B2B-Unternehmen durchgeführt. Dabei sind zwei Dinge ganz klar herausgekommen: erstens ist zwar mehr als ein Drittel der befragten B2B-Marketingmanager unzufrieden mit dem Engagement anderer Abteilungen für das Content Marketing, zweitens wird aber die Relevanz dieses Engagements für den Erfolg nicht besonders hoch eingeschätzt. Wie passt das zusammen?

In einer Newsroom-Struktur würde ein Themenmanager die Geschichten bei den Fachabteilungen abholen – wie ein Reporter. Damit ist der Widerspruch aufgehoben. Der Newsroom kümmert sich um die strategisch wichtigen Geschichten und treibt diese aktiv voran.

Was muss zuerst da sein? Eine Idee von Content Marketing oder der Newsroom?

Es ist ein Henne-Ei-Problem: Beide bedingen sich gegenseitig. Der Newsroom ist ein Mittel, um gutes Content Marketing umzusetzen.

Wie kann ein Newsroom ganz konkret zum Erfolg von Content Marketing beitragen?

Ein funktionierender Newsroom setzt die Content-Strategie um. Entscheidend ist, dass wir die Ideen auch zum Leben erwecken. Der Newsroom organisiert dies. Transparente Themenplanung, Kampagnen, ein funktionierendes Konferenzsystem, gutes Timing, Präzision – dies alles lässt am Ende Spielraum für kreatives und spontanes Arbeiten.

Ein Newsroom-Projekt ist einigermaßen komplex. Versuchen wir es trotzdem herunter zu brechen auf drei entscheidende Schritte: welche wären das, damit Unternehmen mit einem Newsroom erfolgreich sind?

Wir sprechen von Vorbereitungs-, Konzept- und Implementierungsphase. Zu jeder Zeit müssen die Führungskräfte absolute Sicherheit ausstrahlen. Mitarbeiter benötigen genügend Raum für ihre Sorgen und Bedenken. Wichtig ist dabei eine emphatische Moderation. Der Newsroom ist kein fertiges Produkt. Es ist der Einstieg in einen permanenten Veränderungsprozess. Denn auch in Zukunft werden sich Themen verändern, neue Kanäle und Plattformen hinzukommen und andere nicht mehr relevant sein. Dieser Wandel verläuft immer schneller und dynamischer. Darauf müssen wir die Mitarbeiter vorbereiten. Und dies geht nicht innerhalb weniger Tage.

Wie werden bei einem Newsroom die Rollen verteilt und wo liegt der größte Unterschied zur üblichen Organisation einer Kommunikationsabteilung?

Entscheidend ist die Trennung zwischen Themen und Kanälen. Es geht primär darum, definierte Zielgruppen mit Inhalten dort zu erreichen, wo diese wahr- und angenommen werden – und nicht länger darum, zum Termin X oder Y einen Newsletter oder ein Magazin zu befüllen. Außerdem bedarf es einer Koordinationseinheit, die den Ausgleich zwischen beiden Seiten herstellt. Diese Aufgabe übernimmt der Chef vom Dienst. Diese Stelle ist der entscheidende Erfolgsfaktor für einen funktionierenden Newsroom – vor allem dann, wenn auch Marketingaufgaben integriert werden sollen.

Könnten Sie exemplarisch schildern, wie der Tagesablauf in einem Newsroom aussieht im Vergleich zum Tagesablauf in einer noch nicht in einem Newsroom organisierten Kommunikationsabteilung?

Entscheidend sind zwei Dinge: Wir reden miteinander. Und wir planen miteinander. Dies verändert den gesamten Tagesablauf. Es geht morgens los mit einer gemeinsamen Morgenlage. In der Regel stehen dabei die Mitarbeiter zusammen und sprechen den Tag durch. Die Moderation übernimmt der Chef vom Dienst. Solche Runden können spontan immer wieder einberufen werden. Außerdem entstehen laufend Vieraugengespräche bei einem gemeinsamen Kaffee: Themen- und Medienmanager sprechen über eine Geschichte, Podcaster sprechen mit Kollegen über Themenideen. Da ist viel Spontaneität und Zuruf möglich. Meist gibt es nachmittags noch einmal eine gemeinsame Planungsrunde, je nach Bedarf.

Welchen Stellenwert hat die bauliche Veränderung, die oft mit einem Newsroom einher geht?

Der Effekt ist nicht zu unterschätzen, weil ein echter Newsroom im wahrsten Sinne des Wortes die dynamische Kommunikation spürbar werden lässt. Es macht Spaß, in einer frischen, offenen, modernen Umgebung zu arbeiten. Man verhält sich in einem Einzelbüro anders, als wenn man mit den Kollegen zusammensitzt. Unternehmen sollten sich klare Gestaltungsregeln für einen Newsroom geben. Die Sorgen der Mitarbeiter sind nicht zu unterschätzen. Wir denken bei einem Newsroom aber vor allem an offene Flächen, Helligkeit, Durchlässigkeit und Transparenz. Wichtig ist mir aber zu betonen, dass sich die Newsroomidee auch ohne bauliche Veränderung umsetzen lässt.

Wann merkt man bei einem Newsroom, dass er nicht funktioniert?

Wenn die Dynamik fehlt, bekommen Sie das schnell mit. Ein Newsroom hat einen Puls. Dort arbeiten Menschen gern miteinander. Wenn das Gegenteil der Fall ist, spüren Sie das. Dann ist die Stimmung schlecht, die Prozesse laufen nicht, die Grundhaltung ist destruktiv. Das darf auf keinen Fall chronisch werden.

Was sind die häufigsten Gründe, warum der Newsroom nicht funktioniert?

Entscheidend ist immer der Faktor Mensch. Wenn Unternehmen einen Newsroom einführen, werden nicht alle sofort begeistert sein. Es gibt viele Ängste, die wir ernst nehmen sollten: Ich muss vielleicht mein Büro aufgeben und damit ein Stück Selbstständigkeit. Vielleicht spüre ich, in neue Abhängigkeiten zu geraten. Vielleicht muss ich Einschnitte hinnehmen. Nicht jeder Mitarbeiter erkennt das riesige Potenzial. Wenn ein Unternehmen bei der Einführung eines Newsrooms darüber nicht nachdenkt, kann die Maschine schnell Probleme bekommen.

Hat die Unternehmensgröße Einfluss auf den Erfolg eines Newsrooms? Gibt es auch kleinere Unternehmen, die erfolgreich Newsrooms implementiert haben?

Newsroom ist keine Frage der Größe. Es ist eine Denkhaltung, die unabhängig von der Personenanzahl ist. Wir haben eine Reihe von Newsrooms umgesetzt, die deutlich weniger als 20 Mitarbeiter hatten. Die Denkweise geht auch für ganz kleine Unternehmen. Das haben wir mehrfach umgesetzt.

Newsrooms sind mit erheblichen Investitionen verbunden, schon alleine durch die manchmal nötigen baulichen Maßnahmen. Welchen Rückhalt benötigen also Marketingabteilungen, um das zu stemmen und welches Argument benötigen sie gegenüber der Geschäftsführung, um einen Newsroom etablieren zu können?

Die Kosten entstehen vor allem beim Umbau und bei einer modernen technischen Ausstattung. Aber: Vor allem in teuren Bürolagen ergibt sich auch eine enorme Platzreduktion, die erhebliche Ersparnisse ermöglicht. Außerdem bedeutet transparente Planung auch einen transparenten Umgang mit Dienstleistern und deren Preisen. Dort versteckt sich ein großes Sparpotenzial, das in alten Silostrukturen verborgen bleibt.

Warum braucht es aus Ihrer Sicht einen externen Berater, um Newsroom-Kommunikationsmodelle aufzusetzen? Welche Rolle muss dieser externe Berater vorwiegend einnehmen?

Der Berater ist derjenige, der die Idee vertritt. Bei aller Flexibilität und Empathie braucht ein solches Projekt einen klaren Plan. Ein erfahrener Berater strahlt Ruhe aus und vermittelt das berechtigte Gefühl, dass das Projekt am Ende zum Erfolg führen wird. Er kann mit den Mitarbeitern üben und trainieren. Vor allem wird er helfen, Fehler zu vermeiden. Er ist der Architekt und der Bauleiter. Er sorgt dafür, dass der Newsroom eine gute Entwicklung nimmt.

Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Martin Schwarz

Verfasst von

B2IMPACT Redaktion
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